Natalia Schmidt

Kinetic Flag Antipodia 51° 10` 25.2``S 171°12`06,1``W

Antipodia ist ein als work in progress angelegtes Kunstprojekt. Im Rahmen des Windkunstfestivals 2016 wird die Fahne von Antipodia gezeigt, welche auf die antipodischen geografischen Koordinaten des Ausstellungsortes (Lichtenfels) Bezug nimmt.

Hierbei handelt es sich um eine kinetische Fahne, die nicht nur eine wehende Flagge trägt sondern sich samt Fahnenmast, je nach Windstärke in verschiedene Richtungen bewegt und in verschiedenen Winkeln neigt. Gewöhnlich sind Flaggen Statussymbol bzw. statisches Symbol eines national definierten Raumes, z.B. einer Nation. Bei der Kinetic flag handelt es sich um ein nicht - statisches Symbol eines atopischen Ortes, einer Zone, welche die vorläufige Bezeichnung Antipodia trägt.

Antipode bedeutet wörtlich ‘Gegenfüßer‘. Diese Bezeichnung rührt von der antiken Vorstellung her, dass Antipoden, sprich die auf der anderen Seite der Erdkugel existierenden Menschen, mit dem Kopf nach unten und den Füßen nach oben leben. Heute versteht man unter Antipoden die auf der Erdfläche gegenüberliegenden Punkte, die durch eine gerade Linie durch den Erdmittelpunkt miteinander verbunden werden.
Die Kinetic Flag Antipodia 51° 10` 25.2``S 171°12`06,1``W, markiert dabei einen Ort, den es tatsächlich gibt, der jedoch weder einen Namen trägt, noch der gängigen Vorstellung eines Ortes mit festem Boden entspricht und der in der Zukunft liegt. Dabei handelt es sich um die Antipode zum Ausstellungsort welche sich im Pazifik, etwa 1300 km östlich von Neuseeland in internationalem Gewässer befindet und dessen Tiefe ungefähr 5342 m (Meeresgrund – Wasseroberfläche) beträgt. Die Zeitverschiebung zwischen den beiden Orten beträgt zwölf Stunden – Antipodia ist uns zeitlich gesehen somit immer einen Schritt voraus...
Die geographischen Koordinaten der 5342 Meter tiefen antipodischen Stelle im Pazifik, an der man sprichwörtlich keinen festen Boden unter den Füßen hat, sind in nautische Daten überführt.

Da sich der Ort in internationalem Gewässer befindet, ist er keinem Land spezifisch zuordenbar und unterliegt somit den Gesetzen der Hohen See. Dies ermöglicht einen gewissen Spielraum: Ziel des Projektes ist es ist, Antipodia virtuell und real kartographisch zu markieren – und zu benennen. Wie der Ort, ist auch das Projekt fluid, wobei stets die Frage im Raum steht, nach welchen Kriterien sich ein solcher Raum benennen lässt, der vollkommen abstrakt und dennoch unser direktes Gegenüber ist. Wie benennt man einen geographischen Ort, der sich in internationalen Gewässern befindet, der ahistorisch und kulturell noch nicht geprägt ist? Wie stellt man sich einen solchen Ort vor? Wird man an diesem Ort entdeckt?

Wind bestimmt im Pazifik die Wasseroberfläche, den “Boden” von Antipodia. Dort weht ein freier , frischer, neutraler Wind. Wenn Wind zur politischen Stimmung wird und über nationale Grenzen hinweg, politisch-psychologische Stimmungen befördert, kann er einen Umschwung, einen “Change” bewirken. Im schlimmsten Falle sind es Ressentiments, die er transportiert, sowie es aktuell der Fall ist. Dann wird die Idee des Bodens zu etwas unerträglichem; einengend und ausschließend - zur Bodenlosigkeit.
Insofern lässt sich die schwanken Fahne (Kinetic Flag) auch als Matapher für den fließenden, entgrentzten, pazifistischen Boden des Pazifik, einen dialogisch intellektuellen Raum verstehen, welche um die bedrohten freiheitlichen Werte eines kosmopolitischen Europas ringt, die es hochzuhalten gilt, auch im stärksten antidemokratischen Gegenwind.

Objekt
Fahnenmast, Textil
3m bis 10m

Ausstellungsorte 2016